Zu keiner Entscheidung über die Unterstützung des Bündnisses „Odenwald gegen Rechts“ (OgR) ist es in der Stadtverordnetenversammlung am Donnerstagabend in Erbach in der Werner-Borchers-Halle gekommen.

Zuvor hatten die Fraktionen der SPD und der Grünen die Klärung mittels eines Antrags auf die Tagesordnung setzen lassen. Darin forderten sie, den Beschluss vom 10. Mai zum Austritt aus dem Bündnis OgR aufzuheben. Die Abkehr der Unterstützung habe eine öffentliche Debatte zur Folge gehabt, die dem Ansehen Erbachs schade.

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Nicht unberührt von den aktuellen Entwicklungen zeigte sich Erbachs Bürgermeister Dr. Peter Traub. Gleich zu Beginn der Sitzung verwies er darauf, dass es nicht um eine persönliche oder städtische Bewertung der AfD ginge, sondern um die Rechtsgrundlage, die dem Mitwirken bei OgR entgegenstehe.

Bündnis agiert gegen AfD

Als Begründung führte Traub an, dass es einer „Stadt schlichtweg untersagt ist“, sich in einer Initiative zu engagieren, die sich gegen eine zugelassene Partei – in diesem Fall die AfD – richte. Schließlich belege die OdR-Aktion eines in der Erbacher Innenstadt abgestellten Protest-Fahrrads samt Schild mit der Aufschrift „Stoppt die AfD“, dass sich das Bündnis explizit gegen eine demokratisch gewählte Partei stelle.

Eine Zusammenarbeit ist damit aus „rechtlichen Gründen nicht möglich“, da Erbach als öffentlich-rechtliche Einrichtung neutral bleiben müsse. Deshalb sei die Entscheidung zur Abkehr von OgR „richtig und unumgänglich“ gewesen. „Wir als Stadt können, wollen und werden das Bündnis nicht mehr unterstützen.“

Dabei geht es eher um Hilfeleistungen, beschränkte sich doch das Engagement der Stadt auf eine einmalige Zahlung von 300 Euro an „Odenwald gegen Rechts“, die Auslage von Flyern im Rathaus sowie die Verlinkung der Stadt auf der OgR-Webseite.

Beleidigungen auf Facebook

Erschüttert zeigte sich Traub angesichts der „infamen Unterstellungen und Beleidigungen“ auf der Facebook-Seite der Stadt. Er werde sich wegen der Bündnis-Abkehr nicht in die „rechte Ecke“ stellen lassen, sagte Traub in einem vorangegangenen Interview. Er distanziere sich als langjähriges FDP-Mitglied strikt von der Politik der AfD. Umso irritierender seien einige der zahlreichen Kommentare auf Facebook gewesen. „Das Netz vergisst nichts und ich auch nicht“, so der Bürgermeister bei der Sitzung.

Als „skandalöse Drohung“ verstehen die Grünen Letzteres, womit die Fraktion ihre Stellungnahme begann. SPD wie die Grünen argumentieren mit verbalen und inhaltlichen rechtsradikalen Auftritten der AfD in Deutschland und verlasen die Namen der jüngsten Terroropfer des Rechtsextremismus, etwa in Halle und Hanau.

Auch die Stadt müsse sich einmischen, und „Rechtsextremismus aller Art, Rassismus, Fremdenfeindlichkeit und Homophobie“ entgegentreten, was durch die Unterstützung von OgR gewahrt sei.

Rechtliche Grundlage entscheidend

Mehrfach betonte Traub, dass es nicht um eine Bewertung der AfD, sondern um die rechtliche Grundlage gehe. Dass andere Kommunen wie etwa Michelstadt, Bad König, Höchst und Breuberg das Bündnis unterstützen, müssten die Institutionen individuell prüfen.

„Andere Städte und Gemeinden außerhalb des Odenwaldkreises – etwa Darmstadt und Stuttgart – arbeiten deshalb nicht mit ähnlichen Initiativen zusammen.“ Die Stadt prüfe derzeit, in welcher anderweitigen, landesweit operierenden Organisation sich Erbach gegen Extremismus und Rassismus engagieren könne.

Michael Gänssle von der ÜWG ergänzte: „Extremismus gehört nicht nach Erbach, aber darum geht es nicht.“ Da es sich bei OgR nicht um einen eingetragenen Verein, sondern um eine Initiative des DGB handele, und die „Rechtsposition heikel ist“, „muss man die Finger davon lassen“.

Zu vorgerückter Stunde entschieden die Abgeordneten gemeinschaftlich, zunächst die rechtlichen Grundlagen prüfen zu wollen, auf die sich nicht nur Traub, sondern auch die CDU beruft und vertagten die Entscheidung auf einen anderen Termin. Emotional geführt werden die Debatten sicherlich weiterhin. sab

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