Es war tragisch, was da passierte in Dieburg am 11. August 2018. Eine Mutter geht mit ihren beiden Kindern, zwei Mädchen, am späten Nachmittag vom Einkauf in Richtung der Straße an der Schießmauer. Ihre Achtjährige fährt auf dem Rad in den dortigen Kreisel ein.

Dort wird sie von einem Auto erfasst, unter dem Wagen eingeklemmt und bis zur Bordsteinkante mitgeschleift, im Anschluss quert der Autofahrer in seinem Mercedes die Verkehrsinsel, rammt ein Verkehrsschild und einen Baum, bevor er an einer Mauer zum Stehen kommt.

- Anzeige -

Vor Gericht ist der damals 79-Jährige uneinsichtig, schiebt die Schuld auf das Kind, das nicht mehr aussagen kann, weil es bei dem Unfall starb. Die Mutter leidet seitdem an einer Posttraumatischen Belastungsstörung, kann vor Gericht nicht aussagen.

„Es tut mir unheimlich leid, aber ich konnte nichts dafür“, sagte der Breuberger vor Gericht. Ehrlich gemeinte Reue klingt anders. Dieser Meinung war auch Richter Christian Meisinger vom Amtsgericht Dieburg und sprach den Breuberger wegen fahrlässiger Tötung schuldig.

Nicht alles konnte im Prozess abschließend geklärt werden. Etwa, ob der Angeklagte Bremse und Gas miteinander verwechselte, und ob dies vor oder nach der Kollision mit dem Kind passierte, oder von welcher Stelle aus das Mädchen in den Kreisel einfuhr, ob es hätte vom Fahrer gesehen werden müssen.

„Bei der Faktenlage hätte man erwarten können, dass Sie sich wenigstens hier vor Gericht bei den Angehörigen entschuldigen. Das haben Sie nicht getan“, sagte der Richter abschließend zum Beschuldigten und verurteilte den damals 79-Jährigen zu zehn Monaten Haft, auf drei Jahre Bewährung ausgesetzt, einem dreimonatigen Fahrverbot und die Zahlung von 2500 Euro an die Verkehrswacht Dieburg.

Auf dieses Urteil hat der Beschuldigte Berufung eingelegt. Nun findet die Neuverhandlung am 19. August statt.

Die Tante der damals achtjährigen Bahar ist verzweifelt. Ihr Bruder habe sich seit dem Unfall verändert. „Mein Bruder war immer so ein Strahlemann, jetzt will er nur noch allein sein.“ Seine drei Töchter seien alles für ihn gewesen. Bahar sei aufmerksam gewesen, habe früh Gedichte rezitiert, war interessiert an Literatur.

Die Familie könne nach drei Jahren immer noch nicht abschließen mit dem Unfall, weil der Verursacher so uneinsichtig sei. „Nichts holt unsere Bahar zurück, aber sie war unschuldig und ist an einem sonnigen Tag an diesem Kreisel getötet worden.“ Vom Unfallfahrer habe es nie eine Entschuldigung gegeben, er beruft sich auf die Unaufmerksamkeit des Kindes, womit er vor Gericht in erster Instanz scheiterte.

Im Berufungsprozess soll nun geklärt werden, ob das ehemals verhängte Strafmaß gerecht war. Die Familie von Bahar will ihren Frieden finden, auch wenn der laut der Tante des Mädchens verloren ist. „Das Leben ist seit dem Tag des Unfalls stehengeblieben. Der Tod Bahars hat so viele Menschenleben verändert.“

Die Familie hofft, dass der Breuberger Autofahrer seine Schuld anerkennt und nicht „so hart und herzlos“ wie beim ersten Prozess ist. „Jeder Mensch, der Empathie hätte, hätte sich entschuldigt“, sagt Bahars Tante. Das ist der Täter der Familie immer noch schuldig geblieben. sab

Vorheriger ArtikelBauarbeiten bei Würzberg kurz vor Abschluss
Nächster ArtikelApropos: Wirklich alternativlos

Kommentieren Sie den Artikel

Bitte geben Sie Ihren Kommentar ein!
Bitte geben Sie hier Ihren Namen ein