Wegen des Verdachts des schweren sexuellen Missbrauchs muss sich seit Dienstag ein 50-Jähriger aus Michelstadt vor dem Landgericht Darmstadt verantworten. Hereingeführt in Handschellen wirkt der Mann unscheinbar, hager mit Dreitagebart und Brille. Gekleidet mit einem grauen Sweatshirt, Jeans und Sportschuhen. Der Michelstädter soll seine Stieftochter zwischen 2008 und 2010 im Alter zwischen neun und zehn Jahren mehrfach schwer sexuell missbraucht haben. Zudem fanden die Ermittler auf dem Laptop des Angeklagten 23 kinderpornografische Videos.

Vor Gericht ist der Michelstädter Unternehmer geständig. Er bereue zutiefst, was damals passiert sei. „Ich schäme mich sehr dafür“, sagte der Angeklagte. Er gibt zu, seine Stieftochter an der Scheide und Brust berührt zu haben, gibt zu, mit dem Mädchen pornografische Bilder und Videos geschaut zu haben, gibt zu, dass seine Stieftochter ihn über 20 Mal mit der Hand befriedigen musste, gibt zu, dass es in mindestens zehn Fällen zum vaginalen Geschlechtsverkehr gekommen ist. Nicht erinnern will er sich an mindestens zwei Vorfälle, bei denen ihn das Mädchen habe oral befriedigen und das Sperma schlucken müssen. So steht es in der Anklageschrift.

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Nähe gesucht
Immer schon auf ihn fixiert gewesen sei seine Stieftochter, sagt der Beschuldigte aus. Sehr schmusebedüftig und anhänglich sei das Mädchen gewesen. „Sie hat immer meine Nähe gesucht.“ Nicht von ihm ausgegangen seien die Zärtlichkeiten, die bald die Grenze der Vernunft und Legalität überschreiten. Über das Schmusen hinaus sei irgendwann „das eine zum anderen gekommen“.

Er habe es schön gefunden, dass ich so glatt und sauber bin, soll der Angeklagte zu seinem Opfer gemeint haben. Das sagte die heute 21-Jährige bei der Polizei aus. Zum ersten Geschlechtsverkehr sei es gekommen, als die Mutter arbeiten war. Der Beschuldigte habe das Mädchen entkleidet und ins eheliche Schlafzimmer gebracht. Dann habe der Angeklagte versucht, in das Mädchen einzudringen. „Das ist nicht schlimm. Für dich ist es auch schön, wenn ich erst einmal durch bin“, soll der Angeklagte dabei gesagt haben. Es tat sehr weh. So sehr, dass sich das damals neunjährige Kind wehrte, versuchte, der Situation zu entkommen, ans Kopfende rutsche. „Stell dich nicht so an“, soll ihr Stiefvater dann zu ihr gesagt und weitergemacht haben, obwohl er wusste, dass das Mädchen es nicht wollte.

Regelmäßige Intimkontakte
Dennoch kommt es danach regelmäßig zu Intimkontakten- zur Penetration, Masturbation und dem Konsum kinderpornografischer Bilder und Videos. Dem sei seine Stieftochter, die „sexuell sehr neugierig“ war, auch nicht abgeneigt gewesen. „Wenn sie gesagt hat, hör auf, habe ich immer aufgehört“, sagt der 50-Jährige zu seiner Verteidigung und überhaupt habe er „nie einem Kind weh getan“.

Von den sexuellen Übergriffen gibt es Fotos. Fotos vom Geschlechtsverkehr, Fotos von der Hand des Mädchens am erigierten Glied des Angeklagten, Fotos vom Körper des Kindes. Genau solche und ähnliche Fotos entdeckt die Mutter des Mädchens auf dem Computer ihres Ehemannes. Sie verlässt mit ihrer Tochter die gemeinsame Wohnung, kehrt jedoch einen Tag später zurück.

Nach einer Aussprache geht das Leben ohne Missbrauch für alle Beteiligten weiter, als sei nichts passiert. Im August 2018 zeigt das Mädchen, das inzwischen eine Frau ist, ihren Stiefvater an. „Ich verstehe das nicht“, meinte dazu der Angeklagte. „Sie hat als eine Art Wiedergutmachung von mir alles bekommen, was sie sich gewünscht hat, bekam die neuesten Handys, einen Laptop, eine Sprachreise.“ Im Februar 2018 sei man noch gemeinsam in den Urlaub gefahren. „Jetzt sieht es so aus, als ob ich ein Sexmonster wäre“, meint der Michelstädter, „dabei ging es nicht von mir allein aus.“

Dem Richter reicht es
Nach ähnlichen Aussagen zuvor unterbricht der Richter, der es für sehr unwahrscheinlich hält, dass in Fällen wie diesen die Kinder schuld sind. „Sie sind nicht der Erste, der hier sitzt und so etwas behauptet.“

Das Missbrauchsopfer bekommt von all dem vor der Tür des Gerichtssaals nichts mit. Sie wartet darauf, als Zeugin aufgerufen zu werden. Ihre Aussage wird unter Ausschluss der Öffentlichkeit gehört.

Ihm als Angeklagten, der seit Juli 2019 in der Justizvollzugsanstalt Weiterstadt in Untersuchungshaft sitzt, „geht es auch nicht besser“, meint der 50-Jährige abschließend. Nur mit Schlaftabletten könne er Ruhe finden. Welche Folgen der Missbrauch für seine Stieftochter hatte, kam am Vormittag des ersten Verhandlungstages öffentlich nicht zur Sprache.

Der Michelstädter hat wegen schweren sexuellen Missbrauchs mit einer Freiheitsstrafe nicht unter zwei Jahren zu rechnen, hinzu kommt der Besitz kinderpornografischen Materials. Ein Urteil wird am Donnerstag gesprochen. Sandra Breunig

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5 Kommentare

  1. Das ist doch unglaublich was ich hier lese! Dieser Typ gehört n. E. Lebenslange weg gesperrt ! Für solche Menschen gibt es keine milde Strafe! Ich bin fassungslos ?

  2. das opfer hat so oder so lebenslänglich und alles was sie in ihrem leben tut wird mehr oder weniger damit zu tun haben, ihr entscheidungen, ihre ängste, ihre wünsche und träume….. “ ich würde dir niemals weh tun“ ist anscheinend ein standartsatz

  3. Ich kann es nicht fassen als generelle Gegnerin der Todesstrafe gab es für mich immer eine Ausnahe und zwar der Kindesmisbrauch. Das Urteil ist sowas von Menschenverachtend und die Mutter gehört mit verurteilt

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