Äußerst brutal und schonungslos ist die Tat gewesen, die zum Tod eines 89-jährigen Reichelsheimers geführt haben soll und seit dem Donnerstag (19.11.) vor der Jugendkammer des Landgerichts Darmstadt verhandelt wird.

Die Staatsanwaltschaft fasst in der Anklageschrift zusammen, was passiert sein soll: Es ist der Abend des 15. Dezember 2019, als der Rentner einen Anruf erhält, dass das Licht an seinem Auto noch brenne. Ein Trick, um den Mann aus seinem Haus in einem Reichelsheimer Ortsteil zu locken.

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Fünfmal auf Kopf eingeschlagen
Er geht vor die Tür, um nach dem Rechten zu sehen und merkt nicht, wie ein 20-Jähriger, den er unter anderem durch seine Brennholzlieferungen kennt, heimlich in die Wohnung schleicht. Der junge Mann ist nach Geld aus, Geld, das er für seinen Drogenkonsum braucht. Als der ältere Herr zurückkehrt, merkt er, dass etwas nicht stimmt und wird angegriffen.

Fünfmal schlägt der 20-Jährige mit einem rund 40 Zentimeter langen Ratschenschlüssel auf den Kopf seines Opfers ein, bis dieses blutüberströmt zusammenbricht. Während der 89-Jährige bewusstlos am Boden liegt, stiehlt der Angreifer 650 Euro aus dem Portemonnaie und einer Vitrine, fährt nach Darmstadt, um Kokain zu kaufen und lädt dann seine Freundin in ein Schnellrestaurant ein.

Tatwaffe versteckt
Die Handschuhe, die er zur Tatzeit trägt, wirft der Täter weg, die Tatwaffe versteckt der 20-Jährige in einem Rohr auf der heimischen Hofreite.

Einen Schädelbruch und eine Hirnblutung erleidet der Senior, dazu multiple Verletzungen an Armen und Händen. Erst am Morgen nach der Tat wird der Schwerstverletzte entdeckt. Nur der notfall- und intensivmedizinischen Behandlung sei es zu verdanken, dass der Mann den Tag nach der Tat überlebt habe, sagt die Staatsanwältin.

Nichtsdestotrotz seien die Verletzungen dermaßen schwerwiegend gewesen, dass der Rentner geistige Einbußen erleidet und in einem Pflegeheim untergebracht werden muss, wo er im April 2020 laut Staatsanwaltschaft an den Folgen des Angriffs stirbt. Der Täter habe den Tod des Seniors billigend in Kauf genommen, sagt die Staatsanwältin. „Sie wollten sich eines Zeugen entledigen.“

Tränen bei der Anklageverlesung
Der Angeklagte weint während der Verlesung der Anklageschrift, hält sich fortwährend die linke Hand vor das Gesicht, auch wenn er aussagt. Das Opfer sei wie ein Opa für ihn gewesen. „Ich habe die Konsequenzen für meine Tat zu tragen“. Ein Arzt für Kinder- und Jugendpsychiatrie beschreibt die Kindheit und Jugendzeit des Beschuldigten in seinem Gutachten als problematisch.

Der Angeklagte sei nach eigener Aussage immer mit familiären Spannungen aufgewachsen, zwei Jahre lebte er in einem Kinderheim in Fürth im Odenwald. „Diese Zeit sei sehr belastend gewesen“. Danach sei der Reichelsheimer in der Schule gemobbt worden, es habe viele Schulwechsel gegeben. 2009 starb der Vater.

Eigentlich lief alles gut…
Mit einem Förderschulabschluss begann der Angeklagte nach der schulischen Ausbildung als Montagehelfer zu arbeiten und machte sich dann mit einem Gartenservice selbstständig. Eigentlich hätte alles gut werden können, sagt der Beschuldigte, denn auch finanziell habe der Lebensunterhalt ausgereicht.

Ende November 2019 lernte er seine zweite Freundin kennen, die laut Aussage des Angeklagten seit Jahren heroinabhängig war. Gemeinsam hätten Sie den Konsum auf Crack und Kokain umgestellt, um dann zusammen den Entzug anzugehen. Abhängig gewesen sei er nicht. Drogen im Wert von rund 4000 bis 6000 Euro hätte das Pärchen von November bis zum Tatabend gebraucht, um den täglichen Bedarf zu decken. Am 15. Dezember fehlt es an Geld.

Fünf angesetzte Prozesstage
Der Angeklagte räumt die Taten am ersten Verhandlungstag vollumfänglich ein und legt ein Geständnis ab. „Ich bereue zutiefst, was ich getan habe“, lässt der Angeklagte durch seinen Anwalt verlesen. „Und ich bereue zutiefst, nicht anonym einen Notarzt gerufen zu haben.“ Er übernehme die volle Verantwortung für seine Tat, die er – anders, als er es in der ersten Vernehmung angegeben hatte – allein verübte.

Seine damalige Freundin, mit der er gemeinsam Crack rauchte und Kokain konsumierte, hat sich das Leben genommen, als der Angeklagte in der Untersuchungshaft in der JVA Wiesbaden war. An vier weiteren Prozesstagen soll über das Strafmaß verhandelt werden. Sandra Breunig


Der Angeklagte (rechts) mit seinem Verteidiger. Foto: Sandra Breunig

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