Weihnachtliches Brauchtum im Odenwald. Foto: Heimat- und Geschichtsverein Lützelbach

Lützelbach. 58 Zuhörer hatten sich versammelt, um zum Abschluss der Veranstaltungsreihe „Kultur im Hofhaus“ des Heimat- und Geschichtsvereins Lützelbach den Vortrag über alte Odenwälder Weihnachtsbräuche von Roland Sattler zu hören.

Um das Weihnachtsfest herum hat sich ein nicht überschaubares Brauchtum entwickelt. Zu den beliebtesten Bräuchen zählen unter anderem Plätzchen backen, Adventskranz basteln oder den Weihnachtsbaum zu schmücken.

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Heinrich Winter (1898-1964) hat viele Weihnachtsbräuche zwischen 1938 und 1950 erfasst und dokumentiert.

Die wichtigsten Figuren im vorweihnachtlichen Brauchtum im Odenwald sind der Belzenickel und der Belzebock, das Christkind und das Mehlweibchen.

Im Odenwald hieß er „Belznickel“, während er im Hinteren Odenwald Benznickel genannt wurde. Er hat ein wildes, verwahrlostes Aussehen: einen weiten, alten, lumpigen Mantel, eine Kette als Gürtel. Sein Gesicht ist oft oft schwarz mit einem mächtigen Bart, seine Kopfbedeckung ist ganz unterschiedlich: Von der Zippelkapp bis zum Zylinder, von der Papiertüte bis zum alten Hut. Meist aber ist es ein Schlapphut, den er trägt: die Zippelkapp.

Eine, wie Winter vermutete, ältere Variante ist der Strohnickel mit spitzem hohem Strohhut.

Das Odenwälder Christkind, gespielt von einem Mädchen, war ganz in Weiß gekleidet, nicht selten auch in der Tracht der Odenwälder Braut, mit Hochzeitskrone, tief verschleiert durch zahllose Trachtenbänder. Es trug eine Schelle, die Rute, einen Geschenkkorb, später auch mit Weihnachtsbaum, der in der Region noch bis in die 1940er Jahre Zuckerbaum genannt wurde. Es verdrängte den Benznickel als Gabenbringer. Beschenkt wurden die Kinder, nachdem sie ein Gebet oder Gedicht aufgesagt hatten, mit Äpfeln und Nüssen und den Gebildbroten Hase und Bobbe, später auch Spielzeug.

Roland Sattler (links) und Thomas Hess (rechts). Foto: Heimat- und Geschichtsverein Lützelbach.

Der gefürchtete Begleiter des Belz- oder Benznickels war der Bohlischbock, der auch Hörnerbock genannt wurde. Mit seinen Hörner stieß er nach den kleinen Kindern.

Das Mehlweibchen ist eine rätselhafte Figur. Es ist bösartig, aber wie das Christkind ganz in weiß gekleidet, verbirgt sein Gesicht hinter der Vermehlung und schlägt die Kinder wie auch Erwachsene mit dem Kochlöffel.

Auf eines wies der Referent zum Schluß noch hin. Verbarg sich zwischen dem bösen Mehlweibchen und dem guten Christkind früher die Figur der Frau Hulle? In einer Dekretsammlung (1012–1023) des Wormser Bischofs Burchard, wird von Dämonen berichtet, die unter der Führung von Hulda nächtens durch die Lüfte zieht. Die Heilige Nacht galt noch weit in das 19. Jahrhundert hinein als die große Hexennacht. red

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