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Groß-Umstadt. Sparkassen-Chef Markus Euler hat in seiner Laufbahn schon einiges erlebt, das Jahr 2022 wird ihm allerdings wohl in besonderer Erinnerung bleiben. Die vielzitierte Zeitenwende in Folge des Kriegs in der Ukraine wirkt sich in unterschiedlicher Form auf sein Institut und die Geschäfte mit Firmen- wie Privatkundinnen und -kunden aus – das macht die Geschäftsleitung der Sparkasse Dieburg im Rahmen der Pressekonferenz zum abgelaufenen Geschäftsjahr deutlich.

Euler als Vorstandsvorsitzender und sein Vorstandskollege Ramon Moral schlagen dennoch einen optimistischen Ton an. „Wir sind im Kerngeschäft mit unseren Kundinnen und Kunden erneut gewachsen und am Markt erfolgreich“, freut sich Markus Euler. Zuwächse bei Krediten und Einlagen sowie ein steigendes operatives Ergebnis (Betriebsergebnis vor Bewertung rund 27 Millionen Euro; 0,87 Prozent der Durchschnittsbilanzsumme) sind die eine gute Nachricht. Dank der sehr soliden Substanz könne die Sparkasse Dieburg zudem besonders in anspruchsvollen Zeiten an der Seite ihrer Kundschaft stehen und den Blick auf die Chancen richten, die Krisen eben auch immer mit sich brächten, gibt sich Vorstand Euler selbstbewusst.

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Keinen Hehl machen beide daraus, dass Klimakrise, Energieknappheit, gestörte Lieferketten, Fachkräftemangel, Inflation und die fulminante Rückkehr der Zinsen eine anspruchsvolle Gemengelage darstellen. So belastet überwiegend der starke Zinsanstieg in 2022 durch vorübergehende Kurswertabschreibungen auf die Zinspapiere im Eigenbestand der Sparkasse das Gesamtergebnis erheblich. Das Jahresergebnis liegt nunmehr bei drei Millionen Euro (Vorjahr: sieben Millionen Euro). „Wir haben uns lange die Zinsen zurückgewünscht und hoffen, dass sie gekommen sind, um zu bleiben“, kommentiert Markus Euler die Situation.

Auf Sicht helfen die gestiegenen Marktzinsen den Banken und Sparkassen nämlich, um im Kredit- und Einlagengeschäft wieder Geld verdienen zu können. Zunächst zeigen sich allerdings die Belastungen daraus, weshalb das Steueraufkommen der Sparkasse Dieburg für 2022 deutlich geringer sein wird als in den Vorjahren und korrespondierend dazu wohl auch die Gewinnausschüttung an die Träger ausfallen dürfte. Das gemeinnützige Engagement aus Spenden, Sponsoring und Stiftungsmitteln bleibt mit 420.000 Euro weitgehend stabil.

Die Bilanzsumme legt um 2,8 Prozent auf knapp 3,2 Milliarden Euro zu. Im Kreditgeschäft der Sparkasse ist auf den ersten Blick noch nichts von einer konjunkturellen Abkühlung zu sehen. Der kräftige Zuwachs im Bestand von 5,3 Prozent liegt nur knapp unter dem Vorjahreswert – das Kundenkreditvolumen beträgt zum Bilanzstichtag rund 2,2 Milliarden Euro. Bei den neu zugesagten Kreditmitteln kann die Sparkasse mit rund 450 Millionen Euro die gut 390 Millionen Euro aus 2021 sogar nochmals um circa 15 Prozent toppen. Getragen wird das tolle Ergebnis sowohl aus dem Geschäft mit Unternehmen und Institutionen als auch von Krediten, die Privatpersonen bei der Sparkasse aufgenommen haben – in erster Linie zur Finanzierung von Wohneigentum und entsprechenden Modernisierungen.

„Wir freuen uns natürlich sehr über solche Zahlen, die Beleg für das Vertrauen und die Zufriedenheit unserer Kundschaft sind“, betont Ramon Moral. Die unter dem Strich noch deutlichen Zuwächse dürften laut Moral aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass sich das Bild im Jahresverlauf deutlich gewandelt habe. Insbesondere gestiegene Zinsen und Preise in nahezu allen Bereichen zeigten ihre Wirkung. „Viele Menschen überdenken in diesem Umfeld ihre Vorhaben und vor allem angehenden Häuslebauern machen Zinsen und Inflation vielfach einen Strich durch die Rechnung – zumindest kurzfristig“, stellt Ramon Moral fest. Für 2023 geht die Sparkasse deshalb von anderen Vorzeichen aus. Man werde aller Voraussicht nach mit einem anderen Preis- und Zinsniveau planen müssen als das über viele Jahre Usus war.

Eine Renaissance erlebt auch deshalb aktuell der gute alte Bausparvertrag – ein dickes Plus im Neugeschäft von über 40 Prozent spricht eine deutliche Sprache. In Summe haben die Kundinnen und Kunden Verträge im Wert von knapp 70 Millionen Euro abgeschlossen. „Zinsgünstige Bauspardarlehen geben Planungssicherheit und helfen bei der Realisierung des Wohntraums“, unterstreicht Moral die Vorteile. Der Immobilienmarkt insgesamt wird nach Überzeugung der Sparkasse vorerst nicht mehr an die steile Entwicklung der letzten Jahre anknüpfen können.

Darauf deutet auch das bereits rückläufige Immobilien-Vermittlungsgeschäft der Sparkasse hin. In 2022 wurden von den Maklern der Sparkasse – gemessen an den Kaufpreisen – ein um rund 17 Prozent geringeres Volumen abgewickelt. Nach über 34 Millionen Euro im Vorjahr haben im vergangenen Jahr Immobilien im Wert von knapp 29 Millionen Euro auf Vermittlung der Sparkasse den Eigentümer gewechselt. Einen Einbruch der Preise sehen die beiden Kenner des regionalen Marktes hingegen nicht. Wohnraum sei knapp und das Umfeld im Geschäftsgebiet weiterhin positiv zu bewerten.

Vielmehr sehen Euler und Moral enormen Handlungsbedarf und damit auch Geschäftschancen für die Sparkasse im Bereich der energetischen Sanierung. Die Transformation der Wirtschaft und des Immobilienbestandes mache erhebliche Investitionen erforderlich. „Wir haben die Kraft und die Mittel, unsere Kundinnen und Kunden – privat wie gewerblich – auf diesem Weg zu begleiten – wir stehen parat!“, zeigt sich Vorstand Ramon Moral entschlossen.

Mit „Kraft und Mittel“ spielt Moral neben der guten Eigenkapitalausstattung, die mit rund 21 Prozent weiter deutlich über den gesetzlichen Anforderungen liegt, auf den hohen Bestand an Ein-lagen an, der zur Versorgung der Region mit Kreditmitteln zur Verfügung steht.

Erstmals über 2,5 Milliarden Euro und damit nochmals über 4 Prozent mehr als 2021 haben die Kundinnen und Kunden auf Konten der Sparkasse Dieburg angelegt. Absolut am stärksten gewachsen sind mit fast 7 Prozent wie zuletzt auch diesmal die täglich fälligen Einlagen. „Sparen lohnt sich immer. Und was auch wichtig bleibt: Die richtige Mischung bringt den Erfolg“, stellt Ramon Moral seinen Ausführungen hierzu voran.

Deshalb setzt die Sparkasse Dieburg in ihren Anlageempfehlungen weiterhin auf einen individuell passenden Mix aus verschiedenen Anlage-formen. Neben der Notfallreserve auf dem Giro- oder Tagesgeldkonto gehören dazu auch weiterhin vor allem Wertpapiere sowie eigen- und fremdgenutzte Immobilien – nicht zuletzt zum Inflationsausgleich. „Bei Wertpapieranlagen zahlt es sich besonders in turbulenten Zeiten aus, bei der Stange zu bleiben“, ist Moral überzeugt.

Die Zahlen seiner Sparkasse passen dazu: Zinsanstieg und Kursrückgänge an den Aktien-märkten haben die Kurswerte in den Kundendepots gedrückt, im Netto-Neugeschäft steht jedoch ein Plus von über 20 Prozent zu Buche. „Nur wer eben auch bei Kursrückgängen dabeibleibt und kauft, ist auch bei der Erholung mit von der Partie“, beschreibt er den Effekt. Besonders geeignet und bei der Kundschaft beliebt sind daher Wertpapiersparpläne – hier kann man schon mit 25 Euro im Monat loslegen. Für konservative Anleger hat die Sparkasse Dieburg bereits auch wieder festverzinsliche Spar-Produkte aus dem eigenen Haus sowie Anleihen mit attraktiven Zinssätzen im Angebot.

„Zinsen sind der Preis der Ware Geld, mit der wir handeln“, leitet Markus Euler ein. Über viele Jahre war dieser Preis geldpolitisch gewollt abgeschafft. Die EZB hat bis weit ins Jahr 2022 und wohl viel zu lange an ihrer ultralockeren Geldpolitik festgehalten – so zumindest sehen das die Vertreter der Sparkasse. „Wenn ich etwas mit Druck am Boden halte und dann plötzlich und unerwartet loslasse, tut es zwangsläufig einen Schlag“, damit versucht Euler greifbar zu machen, was die Zinswende derzeit auslöst.

Die in Deutschland weit verbreiteten, langfristigen Zinsfestschreibungen schützen Kreditnehmerinnen und Kreditnehmer vor einem unmittelbaren Durchschlagen der veränderten Marktzinsen – so auch bei der Sparkasse Dieburg. Einen Großteil dieses Zinsschocks für die Volkwirtschaft puffern derzeit die Banken und Sparkassen ab. „Die Wertverluste und Abschreibungen auf unsere Anleihebestände sind da, aber sie sind für uns verkraftbar und wachsen sich über die Zeit heraus“, ordnet Euler ein. Eine Normalisierung der Zinslandschaft helfe für die Zukunft Sparern wie Sparkasse und mache vieles einfacher. „Darauf freuen wir uns“, macht der Vorstandsvorsitzende deutlich.

Mehr als vorübergehende zinsbedingte Kursschwankungen fürchten Bankiers seit jeher Kreditausfälle. In dieser Beziehung ist die Lage bei der Sparkasse Dieburg aktuell noch unauffällig. „Wir sehen bisher keine übermäßigen Kreditrisiken, sind aber darauf eingestellt, dass es noch ungemütlicher werden kann“, beschreibt Vorstand Euler die Lage. Viel hänge nach Beurteilung der Sparkasse davon ab, wie schnell sich die Verwerfungen an den verschiedenen Märkten zurückbilden. Langfristig habe die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft unter den veränderten Bedingungen oberste Priorität. „Wir sind auch in dieser Krise Teil der Lösung“, so die einhellige Botschaft der beiden Sparkassen-Chefs.

Dieser Blick auf die Welt stimmt Euler und Moral auch bei einem weiteren Thema zuversichtlich, das derzeit viele Unternehmen umtreibt: die Arbeitsmarktsituation.

Auch die Sparkasse sucht „gute und motivierte Leute“, wie es Markus Euler nennt. „Schwere Zeiten sind gute Zeiten für gute Leute“, ist er überzeugt. Die Sparkasse ist dabei ausdrücklich auch offen für Quereinsteiger, die aus anderen Branchen und Berufen in der Sparkasse nochmals neu durchstarten wollen. Neben der Sicherheit und den sehr guten Karriereperspektiven – beide Vorstände sind im eigenen Haus groß geworden – stellt Markus Euler das Miteinander in seiner Sparkasse heraus: „Da hat sich in den letzten Jahren viel getan.“ Moderne Arbeitsplätze, Teilzeit- und Home-Office-Angebote, ein zeitgemäßer Kleidungsstil und die immer stärker in der Spar-kasse gelebte „Du-Kultur“ sind Beispiele, die er in diesem Zusammenhang herausstellt.

Bei der Sparkasse Dieburg sind 446 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter beschäftigt (Vorjahr: 458), im Unternehmen ausgebildet werden derzeit 32 junge Menschen.

Viel in Bewegung ist auch rund um das Girokonto und den Zahlungsverkehr – eine Kernkompetenz der Sparkasse. Die vertragliche Basis für alle Geschäfte mit der Sparkasse stellen die Allgemeinen Geschäftsbedingungen dar. Hierzu gab es im Jahr 2021 ein richtungsweisendes Urteil des Bundesgerichtshofes, wonach bei Vertragsänderungen wie z.B. einer Anpassung der Preise die aktive Zustimmung der Kundinnen und Kunden erforderlich ist.

Eine seit Jahrzehnten nicht nur bei Banken und Sparkassen, sondern auch in vielen anderen Wirtschaftszweigen gängige Praxis – die sogenannte Zustimmungsfiktion – wurde gekippt. Um für die Kundinnen und Kunden und die Sparkasse wieder Rechtssicherheit herzustellen, war es daher erforderlich, von allen Kundinnen und Kunden eine Zustimmung zu den aktuellen Bedingungswerken einzuholen.

„Wir sind sehr für Verbraucherschutz, aber niemand hat Lust, sich ständig durch viele Seiten arbeiten zu müssen. Solche Lösungen sind bei tausenden von Verträgen nicht praxistauglich und sicher auch nicht nachhaltig“, ist sich Moral sicher und sieht einen Auftrag an den Gesetzgeber. Viele Kundinnen und Kundenempfänden es als unnötige Zumutung, immer wieder explizit einwilligen zu müssen.

„Dort, wo sich Kundinnen und Kunden nicht ausdrücklich zurückgemeldet haben, konnten wir nicht von einer gemeinsamen Vertragsbasis ausgehen und mussten diese Geschäftsverbindungen auflösen“, erklärt Ramon Moral weiter. Erfreulicherweise war die Zahl der letztlich notwendigen Kontokündigungen sehr gering und lag unter 1 Prozent.

Die Musik spielt dafür leider umso mehr in anderen Bereichen: Hochkonjunktur haben die Betrüger – analog wie digital. Ausgerechnet am Morgen des 24. Dezember wurde die Sparkasse Opfer einer Geldautomaten-Sprengung im Beratungs-Center in Babenhausen. Personen kamen glücklicherweise nicht zu Schaden. Trotz der Feiertage konnten SB-Bereich und Beratungs-Center dank des tollen Engagements regionaler Firmen wenige Tage später schon wieder in Betrieb genommen werden – der Sachschaden beläuft sich auf rund 200.000 Euro.

Die Täter gehen immer rabiater vor, das zeigt auch die Sprengung in Babenhausen. „Eine flächendeckende Versorgung mit Bargeld ist uns weiter wichtig“, betont Markus Euler. Daran richte man auch die Überlegungen zum Geldautomaten-Netz aus, Sicherheitsaspekte seien dabei ein zentrales Thema, auch und vor allem um unbeteiligte Dritte zu schützen.

Wie bereits in den vergangenen Jahren sieht Markus Euler einen Schwerpunkt bei den bar-geldlosen Zahlungsmethoden. „Wir entwickeln die Leistungsfähigkeit und auch die Sicherheit unserer Bezahllösungen für unsere Kundschaft permanent weiter“, so Euler. Das Zahlen mit Sparkassen-Card und Smartphone wird immer beliebter, die Sparkassen-App ist gefragt und vielfach ausgezeichnet. In 2023 wird die Sparkassen-Card nun auch e-commerce-fähig.

Die Sparkasse Dieburg verzeichnet jedoch in den letzten Jahren einen Anstieg an Betrugs-versuchen im Online-Banking – immer wieder sind die Betrüger mit ihren immer raffinierteren Maschen auch erfolgreich. Euler stellt klar: „Unsere Produkte bieten ein extrem hohes Sicherheitsniveau. Das mit Abstand größte Betrugsrisiko ist nach wie vor der Faktor Mensch“. Auf die Annehmlichkeiten von Karten und Online-Banking zu verzichten, ist für Euler dabei weder sinnvoll noch notwendig. Seine einfache, wie gleichermaßen eindringliche Bitte an seine Kundschaft: „Geben Sie niemals geheime Zugangsdaten, PIN & TAN von sich preis – wir wer-den Sie definitiv niemals danach fragen“.

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