Die Blutspritzer an der Wand und auf dem Sofa belegen es: die letzten der vier bis sechs Schläge mit einem Ratschenschlüssel auf den Kopf eines 89-jährigen Reichelsheimers passierten, als der Rentner bereits wehr- und regungslos auf der Couch lag.

Zu diesem Schluss kam die Jugendkammer am Landgericht Darmstadt am Donnerstagvormittag und sprach den 20 Jahre alten Täter, der ebenfalls in Reichelsheim lebte, wegen heimtückischen Raubmordes schuldig.

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Brutale Tat
Offensichtlich sei die Brutalität der Tat gewesen, meinte die Staatsanwältin über den Abend des 15. Dezember 2019, als der junge Mann sein Opfer mit einem Trick aus dem Haus lockt, sich dann in die Wohnung schleicht und versteckt. Als er entdeckt wird, greift er den Rentner mit dem rund 50 Zetimeter langen Werkzeug an, schlägt ihn nieder und stiehlt rund 400 Euro aus dem Portemonnaie und einer Vitrine.

Die Verletzungen sind so gravierend, dass der 89-Jährige, der auch erhebliche geistige Einbußen erleidet, im April 2020 in einem Pflegeheim an den Folgen stirbt. Von einer „mittelbaren Kausalität“ spricht die Staatsanwältin. 20 Kilogramm Körpergewicht hat der Senior im Zeitraum bis zu seinem Tod verloren und immer noch nachweisbare Blutungen im Gehirn gehabt, die von den Schlägen auf den Kopf stammen.

Planvolles Vorgehen
Dass die Tat ursprünglich gewaltlos ablaufen sollte, glaubt die Staatsanwältin dem Beschuldigten nicht. Vielmehr spreche es für „ein planvolles und zielgerichtetes Vorgehen“, bei dem Gewalt und der Tod des Rentners billigend in Kauf genommen wurde. „Sonst hätten Sie die Eisenstange nicht mitgenommen.“ Er habe sich eines Zeugen entledigen wollen, der ihn als ertappten Täter ohne Maskierung hätte identifizieren können, da der Rentner den 20-Jährigen von seinen Brennholzlieferungen kannte.

Dass er nicht mehr steuerungsfähig gewesen sei, weil er das Geld für seinen Drogenkonsum brauchte, widerlege das überlegte Handeln des Angeklagten vor und nach der Tat. Dieser sei nach dem Angriff erst zu seiner Freundin und dann nach Darmstadt gefahren, um Kokain zu kaufen. Danach hielt das Pärchen bei einem Schnellrestaurant und einer Tankstelle, bevor sie gegen 22.20 Uhr in Reichelsheim ankamen und erst dort wieder Drogen konsumierten. Mit einem starken Suchtdruck könne die Tat also nicht begründet werden.

Strafmildernd wirkten die Umstände, unter denen der junge Mann aufgewachsen ist. Eine depressive Mutter, der frühe Tod des Vaters, dazu Probleme in der Schule, ein alkoholkranker Onkel, mit dem es öfter Ärger gab. Außerdem war der Angeklagte verschuldet und mit seinem Leben „völlig überfordert“. Fehlende Reife ist es auch und das Alter von 19 Jahren zur Tatzeit, die das Gericht nach Jugendstrafrecht urteilen ließen.

Zweifelhafte Aussagen
„Wir können nicht alles rekonstruieren“, meinte der Richter, klar sei jedoch, dass das Geständnis des Angeklagten so nicht stimmen kann. Die bekundete Reue und das Mitgefühl für das Opfer nehme er dem Reichelsheimer nicht ab, der sich in abgehörten Telefonaten fast prahlerisch über seine Tat äußerte. Zu sehr mit sich selbst beschäftigt sei der 20-Jährige, der vor allem sich in dieser Situation bedauere.

„Äußerst milde“ bezeichnete der Richter die Forderung der Staatsanwaltschaft nach einer lediglich achtjährigen Haftstrafe bei einer Höchststrafe von zehn Jahren für Mord im Jugendstrafrecht, 15 Jahre bei Schwere der Schuld. „Im Erwachsenenstrafrecht hätte es lebenslänglich gegeben“, so der Richter. „Für ein paar Euro haben Sie einem anderen Menschen das Leben genommen.“ Deshalb sei die Strafe „erforderlich und angemessen“ . Sandra Breunig

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